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2023-01-04

9 Dinge, die du in einer Krise für dich tun kannst – Teil 1

Vielleicht leidest du gerade an Trennungsschmerz, steckst in einer Burnout-Krise oder hast nach einer einschneidenden Veränderung dein inneres Gleichgewicht verloren? In diesem dreiteiligen Artikel erfährst du, was du für dich selbst tun kannst, wenn deine (Gefühls-)Welt gerade kopfsteht. 

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1. Die Grundordnung aufrechterhalten

In einer Gruppe für Menschen in Trennungsphasen, die ich vor ein paar Jahren geleitet habe, drehte sich das Gespräch eines Abends um die Frage, warum man eigentlich morgens aufstehen, die Wohnung aufräumen, Essen kochen und sich duschen sollte – wenn man nicht gerade kleine Kinder zu versorgen hat. Also, wenn man „nur“ für sich selbst zuständig ist und es einem gerade richtig dreckig geht. Wir sprachen darüber, wie sinnlos und gleichzeitig mühsam einem die alltäglichen Erledigungen in der Krise vorkommen und wie schwierig es dann oft ist, sich die Frage nach dem Wozu zu beantworten. Wozu soll ich vom Sofa aufstehen, mich anziehen, was Gesundes kochen, die Wäsche waschen und mich um die Rechnungen kümmern, wenn ich gerade überhaupt keine Vorstellung davon habe, wie mein Leben eigentlich weitergehen soll? Eine Teilnehmerin sagte ohne zu zögern: „Um die Grundordnung aufrecht zu erhalten!“, und darin steckte so viel Kraft und Überzeugung, dass wir trotz des schweren Themas erst einmal alle lachen mussten. Und schließlich konnten wir ihr nicht widersprechen.

Die Grundordnung aufrechterhalten – dabei geht es nicht darum, die Wohnung und dich selbst ordentlich herzurichten, um so zu tun, als wäre es nicht gar so schlimm, wie es in Wahrheit ist. Nein, es geht darum, eine Basis an Sicherheit und hilfreichen äußeren Umständen zu bewahren, und zwar für dich. Für dein jetziges Ich und für das Ich, das du in Zukunft sein wirst. Du bist gerade in einem verletzlichen, geschwächten Zustand, und genau deswegen brauchst du die Grundordnung und nichts, was dich auf lange Sicht noch zusätzlich belastet wie Mahnungen, ein ständig leerer Kühlschrank oder eine Wohnung, in deren Chaos du dich nicht mehr aufhalten magst.

Ich möchte damit nicht sagen, dass du hart zu dir sein und dich unter allen Umständen zusammenzureißen sollst, um so zu funktionieren als sei nichts gewesen. Wenn du zwischendurch einen Tag hast, an dem du es einfach nicht schaffst, etwas anderes zu tun, als im Bett zu liegen, dann ist das okay. Aber erinnere dich immer wieder, besonders in den schweren Momenten daran, dass du der Mensch bist, für den es sich lohnt, morgen wieder aufzustehen und die Grundordnung aufrechtzuerhalten. Denk dran: Dein zukünftiges Ich hat noch viel vor und wird es dir danken!

2. Dir selbst eine gute Mutter / ein guter Vater sein

Dieser Punkt knüpft an den ersten an, denn auch da ging es im Grunde darum, zwei verschiedene Perspektiven auf deine Situation einzunehmen: in der Krise gibt es zum einen das Ich, das gerade leidet, das sich klein fühlt und Unterstützung braucht, es gibt aber auch einen Teil in dir, der in der Lage ist, sozusagen neben dieses leidende Ich zu treten und ihm beizustehen. Stell dir dazu einmal vor, du würdest dich selbst aus der Perspektive eines liebevollen Vaters oder einer liebevollen Mutter ansehen. Stell dich dazu ruhig vor den Spiegel und betrachte dich selbst mit dem mitfühlenden, wohlwollenden Blick eines guten Elternteils. Vielleicht ist das schwierig und ungewohnt für dich, weil du in deiner Kindheit wenig oder gar keinen liebevollen Beistand erfahren hast. Dann denk an eine ideale Elternfigur aus einem Film, einer Serie oder einem Buch, das du magst. Oder, wenn es mit Elternfiguren gar nicht geht, dann stell dir eine andere liebevolle, unterstützende Person vor, die du gerne an deiner Seite hättest. Und dann übe, dich selbst mit den Augen dieser hilfreichen Person zu sehen, indem du dich bewusst immer wieder fragst: „Was würde ich jetzt als liebevoller Vater, als liebevolle Mutter oder als eine andere liebevolle Person zu einem Kind sagen, um es zu unterstützen und ihm zu helfen?“

Manchmal kann es auch helfen, das mit einem Stofftier zu üben, das dann für dein „kleines Ich“ steht. Du kannst es drücken, wiegen und trösten, ihm sagen, es okay ist, dass du für es da bist und dass du auch nicht weggehst. Gewöhne dir an, regelmäßig mit dir selbst aus der Perspektive der liebvollen (Eltern-)Person zu sprechen, und tu das gern auch laut, wenn du alleine bist.

Das kann dann manchmal auch bedeuten, dass du dich selbst von schädlichem Verhalten abhältst, genauso, wie es ein verantwortungsvolles Elternteil tun würde. Behalte und übe dabei immer eine wohlwollende und liebevolle Haltung dir selbst gegenüber. Das wird dir helfen, geduldiger und mit mehr Selbstmitgefühl durch deinen Veränderungsprozess zu gehen.

3. Deine Situation verstehen (Psychoedukation)

Du bist nicht allein, mit dem was du gerade durchmachst. Natürlich ist deine Situation ganz individuell, aber gleichzeitig gibt es auch allgemeine Dinge, die man über psychische Krisen herausgefunden hat, und es kann sehr hilfreich sein, sich jetzt damit zu beschäftigen. Wir leben leider in einer Gesellschaft, in der viel Wert darauf gelegt wird, schnell wieder zu funktionieren und sich nicht „hängen zu lassen“. Das führt häufig dazu, dass Menschen in Krisen sich schämen und zusätzlich schlecht fühlen, wenn es ihnen nicht gelingt, diesen Anspruch zu erfüllen. Die Psychoedukation kann dann entlastend sein, weil sie dir hilft zu verstehen, dass es normal und in Ordnung ist, wenn du nicht einfach so damit aufhören kannst, dich schlecht zu fühlen. Gleichzeitig erfährst du, dass es nicht immer so bleiben muss und kannst neue Hoffnung für die Zukunft schöpfen. 

Ich möchte dir allerdings von einer Dr. Google-Recherche nach einzelnen Symptomen abraten, die dich am Ende noch mit unwahrscheinlichen Schreckensszenarien verunsichert. Schau dir stattdessen einmal Beschreibungen zu den Phasen der Krise an, die Menschen typischerweise durchlaufen: Schock und Nicht-Wahrhaben-Wollen, Gefühlschaos, Akzeptanz und Neuanfang (je nach Modell werden auch mehr Phasen unterschieden). Wenn du aktuell eine Krise nach einer Trennung durchmachst, dann kann ich dir dazu den Ratgeberklassiker von Dr. Doris Wolf, „Wenn der Partner geht“, empfehlen. Du findest aber auch online viele informative Texte zu den Phasen einer psychischen Krise (auch wenn es nicht um eine Trennung geht), z.B. hier: Phasen der Krisenbewältigung - Björn Rech (intheco.de).

Das Leben läuft zwar nicht nach Schema F ab, aber vielleicht findest du dich in einer der Phasen wieder und kannst so mehr Verständnis und Geduld für dich und deine Situation entwickeln. Achte bei alldem darauf, was dir guttut. Stabilisieren und entlasten dich die Informationen, machen sie dir eher Angst, oder findest du dich vielleicht in solchen Verallgemeinerungen gar nicht wieder? Nicht jeder Tipp ist für jede Person geeignet. Finde deshalb heraus, was für dich gut funktioniert und lass das, was dir nicht hilft, getrost wieder sein. Es geht um dich und darum, was dir jetzt Stabilität und eine neue Perspektive geben kann.

In Teil 2 geht’s weiter …

Foto: 
Reflection of person in puddle with stones
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